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Dorothea Erxleben

Dorothea Erxleben (13.11.1715 – 13.06.1762)

Erste deutsche zugelassene Ärztin

Dorothea Erxleben war die erste und für die folgenden 150 Jahre die einzige promovierte, niedergelassene Ärztin in Deutschland. Hinter dieser Leistung steht ein Lebenslauf, der sich liest wie ein Krimi und doch das ganz normale Leben einer Frau im 18. Jh. wiederspiegelt.

Am 13. November 1715 wurde Dorothea Christiana als zweites von vier Kindern der Familie Leporin in Quedlinburg geboren. Der Vater, ein Arzt und Schriftsteller, hatte sich weitestgehend autodidaktisch ausgebildet und seine Approbation durch eine Promotion an der Universität Erfurt erhalten.

Dorothea war als Kind sehr kränklich. Um sie von ihren gesundheitlichen Problemen abzulenken, nahm der Vater sie hinzu, als er die häusliche Ausbildung seines ältesten Sohnes Christian Leporin (1717-1791) begann. Die Tochter erwies sich als sehr begabt und der Vater, ein Anhänger der frühen Aufklärung, dachte nicht daran, sein Kind nur wegen seines Geschlechtes zu benachteiligen. Bald wurde Dorothea auch unabhängig von ihrem Bruder gefördert, u.a. erhielt sie privaten Unterricht vom Rektor und vom Conrektor des akademischen Gymnasiums in Quedlinburg. Darüberhinaus eignete sie sich sehr viel Wissen autodidaktisch an.

Der Vater bildete Dorothea und Christian Leporin auch medizinisch aus, damit sie ihm in seiner Praxis und bei Hausbesuchen zur Hand gehen konnten, und bald stand fest, daß die Kinder Medizin studieren sollten. Für Christian war das formell auch kein Problem, aber Frauen waren zur damaligen Zeit zum Studium nicht zugelassen – tatsächlich ist die Zulassung von Frauen zum Medizin-Studium in Deutschland keine hundert Jahre alt!

Dorothea hoffte, zusammen mit ihrem Bruder eine Universität besuchen zu können; allein wagte sie diesen ungewöhnlichen Schritt nicht. Doch Christian wurde 1736 zum Militär eingezogen, womit sich auch dessen eigene Träume zerschlugen. Dorothea blieb nur das autodidaktische Studium und die praktische Arbeit zusammen mit ihrem Vater. Sie verfaßte eine Schrift, in der sich mit der Bildung für Frauen auseinandersetzte und insbesondere zahlreiche Gegner der Frauenbildung zitierte, um sie dann wortgewandt und überzeugend zu widerlegen. So hielt sie Wissen, das einem Teil der Menschheit – und noch dazu dem größeren Teil der Menschheit – vorenthalten wurde, allenfalls für eine Mißbildung, die nicht nur eine Diskriminierung der Frauen, sondern auch eine Mißachtung der Wissenschaft darstelle.

1740 wurde Christian Leporin vom Militär freigestellt, um sein Studium der Medizin in Halle aufnehmen zu können. Das Militär verlangte jedoch von der Familie Leporin einen Ersatz, was letztlich dazu führte, daß alle männlichen Familienmitglieder aus Preußen flohen. Daraufhin verfaßte Dorothea eine Bittschrift an den gerade inthronisierten Preußischen König Friedrich II. (1712-1786), in der sie ihn ersuchte, ihre Brüder vom Militärdienst freizustellen, u.a. auch deshalb, weil sie mit einem von ihnen die Universität besuchen wolle. Fast ein halbes Jahr später, 1741, gab der junge König, ebenfalls aufklärerich veranlagt, dem Gesuch in jedem Punkte statt. Die Universität in Halle wurde angewiesen, Fräulein Dorothea Leporin zum Studium zuzulassen. Zwischenzeitlich hatte sich Christian Leporin jedoch in Göttingen immatrikuliert und kehrte nicht nach Preußen zurück, Dorothea blieb in Quedlinburg.

Zufällig fand der Vater ihre zu diesem Zeitpunkt schon einige Jahre alte Schrift über die Frauenbildung und veröffentlichte diese, mit einem Vorwort versehen, zunächst gegen den Willen seiner Tochter unter dem Titel »Gründliche Untersuchung der Ursachen, die das Weibliche Geschlecht vom Studiren abhalten, Darin deren Unerheblichkeit gezeiget, und wie möglich, nöthig und nützlich es sey, Daß dieses Geschlecht der Gelahrtheit sich befleisse, umständlich dargeleget wird« (1742).

Die Disputation erregte, nicht gerade zum Vorteil der Verfasserin, einiges Aufsehen. Anstatt also ihr Studium zu beginnen, heiratete Dorothea 1742 einen Witwer mit fünf Kindern, den Diakon Johann Christian Erxleben (1697-1759). Neben ihren Pflichten als Haushaltsführerin, Pfarrfrau, Stiefmutter und Mutter für ihre eigenen Kinder (die sie 1744, 1746, 1750 und 1753 zur Welt brachte) behandelte sie weiterhin Kranke und Pflegebedürftige und bildete sich im Literaturstudium weiter.

Zur Approbation gelangte Dorothea Erxleben dann letztendlich nur aufgrund des Neides ihrer männlichen »Kollegen«. Als ihr Vater 1747 starb, übernahm sie seine Praxis. Dies war von der Ärzteschaft in Quedlinburg nur ungern gesehen, da sie um ihre Einnahmen fürchteten. 1753, Dorothea Erxleben war gerade mit ihrem vierten Kind schwanger, wurde sie wegen Kurpfuscherei angezeigt. Daraufhin wurde ihr die Behandlung von Patienten untersagt, wogegen sie mit Hinweis auf ihre königliche Erlaubnis zur Promotion aus dem Jahre 1741 und ihre Verpflichtungen, die sie bisher abgehalten hatten, energisch protestierte.

Ihr wurde eine Frist von drei Monaten gesetzt, in der sie ihre Promotion nachholen sollte. Aufgrund von gesundheitlichen Problemen während ihrer Schwangerschaft konnte sie eine Verlängerung der Frist erwirken. Anfang 1754 sandte sie ihre lateinische Dissertation an den König, der diese zur Annahme an die Universität Halle empfahl. Dort legte Dorothea Erxleben am 6. Mai 1754 als erste Frau in Deutschland ihr medizinisches Examen ab. Allerdings wurden ihr Promotion und Approbation erst nach erneuter Rücksprache mit dem preußischen König am 12. Juni 1754 feierlich erteilt.

Dorothea Erxleben konnten nun weiterhin praktizieren. 1755 veröffentlichte sie ihre ins Deutsche übersetzte Doktorarbeit »Academische Abhandlung von der gar zu geschwinden und angenehmen, aber deswegen öfters unsichern Heilung der Krankheiten«, in der sie verdeutlichte, daß sie unter Medizin nicht die Behandlung von Symptomen, sondern von deren Ursachen verstand.

Dr. Dorothea Christiana Erxleben verstarb am 13. Juni 1762 im Alter von nur 46 Jahren an einer Infektion. Am 13. November wäre sie 290 Jahre alt geworden.