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Christian Gottfried Ehrenberg

Christian Gottfried Ehrenberg (19.04.1795 – 27.06.1876)

»Der Welten Kleines auch ist wunderbar und groß, und aus dem Kleinen bauen sich die Welten.«

Der Entdecker Christian Gottfried Ehrenberg hat der »großen Welt« die wunderbare lebendige »kleine Welt« gezeigt, die auch 100 Jahre nach Antoni van Leeuwenhoek (1632-1723) noch völlig unbekannt war, und auch, daß sich »Welten« aus den kleinen Mikroorganismen – durch Gesteinsbildung – aufbauten.

Doch zunächst studierte der 1795 in Delitzsch geborene Christian Ehrenberg ab 1815 auf Wunsch seines Vaters in Leipzig Theologie. Er durfte dann aber zum Studium der Medizin wechseln, das er ab 1817 in Berlin fortführte. Umfangreiche Exkursionen in die Umgebung der Stadt ermöglichten ihm bereits 1818 die Vorlage einer Dissertation über die Pilze Berlins, in der er 62 neue Pilzarten und erstmals deren geschlechtliche Fortpflanzung beschrieb. Kein Wunder, daß Christian Ehrenberg mit dieser Arbeit die Aufmerksamkeit solch berühmter Gelehrter wie Alexander von Humboldt (1769-1859) erregte. Der vermittelte ihn und seinen Freund Wilhelm Hemprich (1796-1825) daraufhin an eine Expedition in die Länder am Nil.

Die Forschungsreise durch Ägypten, Libyen, Palästina und Teile der arabischen Halbinsel dauerte fünf Jahre (1820-1825). Die Freunde sammelten rund 34000 Tiere in 4000 Arten und 46000 Pflanzen in 3000 Arten, fertigten über 1000 Zeichnungen und untersuchten intensiv die Korallen im Roten Meer. Die meiste Zeit dieses Abenteuers waren sie jedoch mit Wirrnissen und Krankheiten beschäftigt. 1826 kehrte Christian Ehrenberg nach längerer Krankheit und Monaten der Quarantäne allein nach Berlin zurück: Wilhelm Hemprich war an Sumpffieber gestorben.

In Anerkennung seiner wissenschaftlichen Verdienste erhielt Christian Ehrenberg 1827 eine Professorenstelle in Berlin und wurde in die Preußischen Akademie der Wissenschaften aufgenommen. 1828 erschienen die »Naturgeschichtlichen Reisen durch Nordafrika und Westasien in den Jahren 1820-1826«. Bereits 1829 befand sich Christian Ehrenberg wieder auf Reisen – zusammen mit Alexander von Humboldt durch Rußland und Sibirien, der eine lebenslange Freundschaft der beiden Naturforscher entsprang.

Doch als Christian Ehrenberg heimkehrte, erwartete ihn eine böse Überraschung. Ein erblühter Tauschhandel mit seinen Belegexemplaren hatte die mühsam zusammengetragenen Serien auseinander gerissen – eine systematische Aufarbeitung war nun nicht mehr möglich. Voll Zorn und Enttäuschung zog er sich von der Auswertung der eigenen Expedition zurück.

Nach diesen Ausflügen in die »weite Welt« widmete er sich den Welten in einem Wassertropfen. Er untersuchte sogenannte Infusorien, mikroskopisch kleine, meist einzellige Lebewesen, von denen man lange Zeit glaubte, daß sie »entstehen«, wenn man einen Heuaufguß reifen läßt. Christian Ehrenberg entdeckte und zeichnete Tausende dieser Mikroorganismen, darunter so berühmte wie das Pantoffeltierchen, ein tierischer Einzeller, und die zur Photosynthese befähigte Euglena (auch Augentierchen genannt). Parallel zur sich damals entwickelnden Zelltheorie beschrieb er »Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen« (1938) und begründete damit die Mikrobiologe.

Von Anfang an war das Mikroskop eines seiner wichtigsten Arbeitsmittel, und seine Zeitgenossen nannten ihn scherzhaft den »Mikroskopiker des Jahrhunderts«. Als Christian Ehrenberg auch eine Probe Kieselgur unter dem Mikroskop betrachte, wurde sich ihm etwas offenbar, das zuvor nicht der kühnste Phantast gedacht hätte: bei dem Gestein handelte es sich um die Reste von Kleinstlebewesen. Er startete gezielte vergleichende Untersuchungen, fand heraus, daß auch Kreide und Schiefer organischen Ursprungs sind und veröffentlichte eine Zusammenfassung in »Mikrogeologie. Das Erden und Felsen schaffende Wirken des unsichtbar kleinen selbständigen Lebens auf der Erde« (1854-1856), womit er zum Begründer der Mikropaläontologie wurde. Bereits 1839 wurde er für diese Forschungen mit der Wollaston-Medaille der Geological Society of London (jene Gesellschaft, deren Mitbegründer James Parkinson war) ausgezeichnet.

Bis zu seinem Tod 1876 setzte Christian Gottfried Ehrenberg sein Studium der Mikroorganismen, sowohl rezenter als auch fossiler, fort; im hohen Alter unterstützt durch eine seiner Töchter. Seine Sammlung, unter anderem 40000 mikroskopische Präparate, wurde an das Museum für Naturkunde Berlin übergeben (jene Sammlung, die 10 Jahre später durch Karl August Möbius so hervorragend umgestaltet wurde). 1877 wurde Christian Gottfried Ehrenberg posthum als erstem die Leeuwenhoek-Medaille verliehen. Am 19. April wäre er 210 Jahre alt geworden.

Heute ist uns das Wissen um die Existenz der Mikroorganismen, bakterieller wie eukaryotischer, eine Selbstverständlichkeit. Der Name des Mannes, der das Tor zu dieser unsichtbaren Welt geöffnet und durchschritten hat, ist uns ebenso selbstverständlich weitestgehend ungeläufig, genau wie die von ihm entdeckte »wunderbare Welt« bis heute viele Geheimnisse bewahrt hat.