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Bruno Taut

Bruno Taut (04.05.1880 – 24.12.1938)

Architektur: Gebäude, Gärten… & Farbe!

»Seid ein Gedanke Eures Sterns, der Erde, die sich schmücken will durch Euch!
Ja unpraktisch und ohne Nutzen! Aber sind wir vom Nutzen glücklich geworden?
«

Zu Beginn der dieswöchigen Laudatio kann ich mir eine kritische Bemerkung nicht verkneifen: diese »Bauen um jeden Preis«-Mentalität, die Bruno Taut in dem Zitat anklingen läßt, steht heute dick auf den Fahnen der Architekten der Moderne und hat schon beinahe jedes Stadtbild verschandelt. Doch schaut man auf das Werk des Begründers der Modernen Architektur, dann wird klar, daß er genau das nicht gemeint hatte.

Bruno Julius Florian Taut wurde 1880 in Königsberg geboren und absolvierte eine Ausbildung an der örtlichen Baugewerbeschule, während der er die damals neuartige Technik der Stahlbetonkonstruktionen kennenlernte. Ab 1902 arbeitete er für verschiedenen Architekten, unter anderem bei dem berühmten Jugendstil-Architekten Bruno Möhring (1863-1929). In dieser Zeit begeisterte sich Bruno Taut für japanische Holzschnitzkunst und entdeckte seine Vorliebe für Malerei, insbesondere dem Impressionismus.

1908 begann er an der Technischen Hochschule in Berlin Kunstgeschichte und Städtebau zu studieren. Im Folgejahr eröffnete Bruno Taut sein eigenes Architekturbüro. Zunächst fiel er bei Wettbewerben und mit Ausstellungspavillons auf. 1910 errichtete er in Magdeburg die Gartenstadtsiedlung »Reform«, 1913 in Berlin die »Gartenstadt Falkenberg«, mit deren gelb-blauen Fassaden Bruno Taut eine heftige Diskussion über die Rolle der Farbe in der Architektur auslöste.

Mit Beginn des Krieges wurde sein Schaffen, aber nicht seine Kreativität gebremst. Als Baumeister einer Pulverfabrik gelang es ihm, dem Militärdienst zu entgehen. Dem Weltkrieg setzte er eine Weltarchitektur entgegen, laut derer die gesamte Erdoberfläche und später weitere Gestirne überbaut werden sollten. 1919 veröffentlichte Bruno Taut als Startpunkt dieser architektonischen Vision den Bildband »Alpine Architektur«, in dem ganze Alpentäler von Konstruktionen aus Stahl, Beton und farbigem Glas überspannt werden. Allerdings sind diese Tuschfederzeichnungen weniger als seriöse Baupläne denn vielmehr als architektonische Phantasien eines impressionistischen Malers anzusehen, was auch dem Biologen ermöglicht, beim Anblick der Zeichnungen wahre Begeisterung zu empfinden.

Bruno Taut fühlte sich der Arbeiterklasse verbunden. Die politischen Umwälzungen der Novemberrevolution von 1918 versuchte er auch auf die Kunst auzudehnen. Da die Bemühungen scheiterten, trat er mit Gleichgesinnten in eine Briefdiskussion, die als die »Gläserne Kette« bekannt wurde. 1919 ernannte ihn die bayerische Räterepublik zum Leiter des Bauwesens – ein Posten, den er aufgrund der kurzen Lebensdauer der Räterepublik nie antrat.

Nachdem sich Bruno Taut 1921 in Berlin sogar als Bühnenbildner am Theater versucht hatte, wurde er zum Stadtbaurat in Magdeburg berufen. Abgesehen von der Eisenbetonhalle »Stadt und Land« (bekannter als »Hermann-Gieseler Halle«) konnte er zwar nicht viel bauen, brachte sich aber mit der farbigen Gestaltung weiter Bereiche der barocken Innenstadt erneut ins Gerede.

Ab 1924 startete Bruno Taut in Berlin als Architekt der gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft GEHAG das erste soziale Wohnungsbauprogramm Deutschlands. Es entstanden die »Hufeisensiedlung« in Britz, die Genossenschaftssiedlung »Freie Scholle« in Tegel und die Waldsiedlung »Onkel Toms Hütte« in Zehlendorf.

Wenn Bruno Taut baute, erschuf er nicht einfach nur Wohnungen, sondern Lebensräume. Vor allem ärmere Familien sollten in seinen Siedlungen, die als Symbiose aus Stadt- und Gartenarchitektur verwirklicht wurden, eine völlig neue Lebensqualität erfahren. Rasch erfreute sich dieses Konzept auch bei Bürgerlichen und Künstlern größter Beliebtheit.

1930 wurde Bruno Taut als Professor für Siedlungs- und Wohnungswesen an die Technische Universität Berlin berufen. Im Jahr darauf wurde er Mitglied in derPreußischen Akademie der Künste. Doch die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise setzten dem Bauboom ein Ende.
1932 siedelte Bruno Taut, der große Begeisterung für die junge Sowjetunion empfand, nach Moskau über. Allerdings hatte er völlig falsche Vorstellungen von dem sozialistischen Land, weshalb er bereits Anfang 1933 nach Berlin zurückkehrte, das er zwei Wochen später fluchtartig wieder verlassen mußte, um einer Verhaftung durch die Nationalsozialisten zu entgehen. Von der Schweiz aus folgte er einer Einladung nach Japan, wo er schon 1930 zum Ehrenmitglied desInternationalen Architektenbundes ernannt worden war. An seiner Architektur zeigten die Japaner jedoch weniger Interesse, weshalb sich Bruno Taut mit dem Entwerfen von Gebrauchsgegenständen über Wasser halten mußte. Auch verfaßte er zahlreiche Essays über Architektur.

Dankbar nahm er 1936 einen Ruf in die Türkey an, wo er wieder als Architekt, vor allem für Schul- und Universitätsgebäude, arbeiten konnte. Durch die ungewohnten klimatischen Verhältnisse und harte Arbeit zermürbt, erlag Bruno Taut am 24. Dezember 1938 in Istanbul einem Asthmaanfall. Als einziger Europäer wurde er auf einem Friedhof in Ankara begraben.
Am 4. Mai wäre Bruno Julius Florian Taut 125 Jahre alt geworden.